FÖR HITZ OND BRAND, Matthias Kuhn, 2007
Emanuel Geisser interessiert sich für die Löcher in den Bergen, für das Verhältnis des Menschen zur Natur und für die Frage nach dem Antrieb von allem und jedem. Er baut Landschaften aus Styropor, die in ihrer Unvollkommenheit das brüchige von Weltkonstrukten aufdecken, die aber auch einen Sog voll Sehnsucht entwickeln. Er baut Landschaften am Computer, die in Endlosschlaufen das Absurde der grossen Fragen des Lebens zeigen und dabei die Antworten vergessen lassen. So zeigen seine Installationen und (Trick-) Filme oft Zustände einer unsystematischen Forschung. Wenn in seinen räumlichen Anordnungen immer wieder eigensinnige Wissenschaftler ihre Spuren hinterlassen, dann sehen wir diese in den Filmen, meist in uniformen Anzügen und mit unerklärlichen Apparaturen ausgerüstet, wie sie Länder und Landschaften - oder eigentlich die Welt - erforschen. Einrichtungen zur Betrachtung des Himmels, Zeichnungen auf Böden und Wänden, Fernrohre, Stratosphärenballone, Scheinwerfer und unkonventionelle Messsysteme stellen mehr Fragen als sie zu beantworten vermögen. Eine unbegreiflich leichte Rätselhaftigkeit - die uns letztlich immer wieder auf dieselben Fragen verweist - bestimmt die Arbeiten von Emanuel Geisser.
Im Appenzeller Volkskundemuseum in Stein hat Geisser in einer Alphütte, die in der Sammlung einen wichtigen Teil einnimmt, neue Filmszenen um einen alchemistischen Wissenschaftler gedreht. In der urtümlichen Umgebung der appenzellsichen Bergwelt stellt dieser seine komplexen Experimente an, wobei nie ganz klar wird, ob die Ergebnisse dieser Forschung wissenschaftlich die Wirklichkeit abbilden, oder ob sie letztlich selber die Natur aus dem Gleichgewicht bringen. Zeitversetzt halten sich, auf einer zweiten Erzählebene, drei junge Mädchen in der Hütte auf, die ebenfalls, obwohl sie aus einer andern Zeit zu kommen scheinen, in die Geschichte des Forschers verstrickt sind. Diesen Szenen stehen Ausblicke aus den Fenstern gegenüber, Filmsequenzen, die Geisser in den entlegenen Tälern des Appenzellerlandes drehte und mit den unterschiedlichsten Materialien (wie Found Footage, Videostills und Trickanimationen) gegenschnitt. Die verlassene Alphütte, in der Installation Geissers die Basisstation des Forschers, enthüllt erst nach und nach Fragmente einer beunruhigenden Geschichte, in der nicht zuletzt das Irrationale eine Hauptrolle spielt. Geisser spürt einer Welt nach, in der noch nicht alle Gesetze erforscht sind, in der nicht jedes Detail erklärt ist. In seiner Natur brodelt es gewaltig und es ist nicht auszuschliessen, dass demnächst ein gewaltiges Naturereignis unsere Umgebung erschüttern wird.